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Eine Hopi-Walk Geschichte


Beim Antrainieren von Wadapatja und während der Ausführungen zu meinem Trainingstagebuch ist mir immer wieder eine Geschichte in den Sinn gekommen. Diese Geschichte beschäftigt sich nicht mit dem Pferdetraining, aber sie bietet aus meiner Sicht einige grundsätzliche Einsichten, die mir wichtig sind. Deshalb möchte ich sie an dieser Stelle mit euch teilen.

 

In einer Ausbildung, die auch ich absolvierte, wurden alle Teilnehmer während eines Selbsterfahrungsmoduls dazu angehalten, einen Hopi-walk durchzuführen.

Ziel dieses Spazierganges sollte es sein, einen guten Zielsatz zu finden, um unbefangen positive Ziele für die kommende Zeit im Berufsleben zu verbalisieren bzw. schriftlich festzuhalten.

Die Anleitung des Hopi-walks war folgende:

Überlegen Sie, welche Frage Sie momentan am meisten im Hinblick auf ihr zukünftiges Berufsleben beschäftigt.

Gehen Sie allein in der Natur spazieren und lassen Sie sich dabei Ihre Fragestellung immer wieder einmal durch den Kopf gehen.

Nehmen Sie dabei die Natur bewusst mit allen Ihren Sinnen wahr.

Hören, sehen, fühlen und riechen Sie, was Sie umgibt.

Sie werden ganz sicher an einem Punkt feststellen, dass Ihre Aufmerksamkeit von einem Gegenstand, einem Tier, einem Blatt, einem Ast, einem Stein usw. massiv angezogen wird. Das ist der Zeitpunkt zum Innehalten. Betrachten Sie das Auserwählte genau. Halten Sie sich dabei an folgende Regeln:

Nichts darf der Natur entrissen und nichts beschädigt werden.

Sie dürfen und sollten es mitnehmen, wenn daraus kein Schaden entsteht.

Wenn Sie den Gegenstand nicht mitnehmen dürfen, dann prägen Sie sich die Eigenschaften gut ein. Sie benötigen die Erinnerung, um damit weitere Schritte auf dem Weg zum Zielsatz erarbeiten zu können.

Wann haben Sie den für Sie richtigen Gegenstand gefunden?

Sie werden es spüren am inneren Ruck der sich oft ähnlich äußert, z.B. mit innerer Zustimmung und Sicherheit.

So hat sich der Hopi-walk bei mir zugetragen:

Meine Frage beschäftigte sich unter anderem damit, ob ich in meinem langjährigem beruflichen Umfeld bleiben oder mich neu orientieren möchte.

Da der Spaziergang im Rahmen eines Trainingsmoduls durchgeführt werden musste, war unsere Ortswahl für den Walk eine Stadt.

Ich lief motiviert durch Erfurt und fragte mich, wie ich in dieser Stadt Natur finden kann.

Schon da waren auf einmal tausend Fragen anstatt der einen Wichtigen.

Finde ich mein Objekt, woran erkenne ich es überhaupt, sind die anderen viel schneller als ich? Ich kann das ja immer nicht. Ich bin doch zu überlegt. Wieso bin ich immer der Einzige, der sich dabei so ungeschickt anstellt?

Ist meine Frage richtig? Meine Motivation fiel auf fast Null.

Mit Anspannung und Hektik kam mir die Idee, dass es einen Botanischen Garten gibt. Als ich dort angekommen war , zwang ich mich immer wieder mir diese Frage zu stellen, auf die ich keine Antwort wusste. Ich sah Bananenpflanzen, Orchideen und wundervolle Gewächse. Teilweise waren Sie so schön, dass ich einfach eine von den Teilen, als meine Antwortblume auswählen wollte. Das ging aber aus meiner damaligen Sicht aus zwei Gründen nicht. Erstens, bei keiner hat es klick gemacht und zweitens, wenn dann wollte ich schon wenigstens etwas, was ich mitnehmen darf. Wie soll ich mich sonst so genau erinnern? Das ganze dauert ja über mehrere Tage und wird nicht nur für einen Satz benötigt, sondern da war wohl noch mehr geplant!

Als ich durch den Botanischen Garten gegangen war, hatte ich mir vorgenommen, dass nächste Teil nehme ich mit. Irgendwas, was mir vor die Füße fällt. Ich gab auf zu suchen und schlenderte weiter. Die Frage hinten im Kopf, ein wenig frustriert, aber nicht überrascht, dass ich wahrscheinlich als Einziger den Flow nicht erreicht hatte. Dann plötzlich sah ich die Feder, klein und unscheinbar. Wunderbar. Ich war überglücklich, ich wusste einfach, dies ist das Ding. Ich hatte es geschafft und dann auch noch zum Mitnehmen. Besser konnte es nicht laufen. Anschauen und jetzt bloß gut festhalten, dafür am besten in die Jackentasche und Reißverschluss zu. Reißverschluss auf – puh gut noch da – Reißverschluss zu. Das ging tatsächlich noch ein paar mal so. Alles safe!

Ich kam im Seminarraum an und es waren schon einige zurück, aber einige fehlten noch. Überraschung, ich war gar nicht Letzter und eigentlich auch unwichtig, denn meine Feder war der Hit. Als erstes wollte ich davon berichten und ganz stolz meine Feder zeigen; der Seminarleiter war dabei. Es war eine lockere entspannte Pausen-Gesprächsrunde. Zur Jacke, Reißverschluss auf - Feder weg . Andere Jackentasche, das Gleiche!

In mir stieg Panik auf. Ja tatsächlich, ich berichtete von meinem Unglück. Der Seminarleiter grinste. Ich hasste mich, dass ich so blöd gewesen bin und das Beste überhaupt verloren hatte. Ich wollte los, um die Feder zu suchen. Der Seminarleiter meinte, dass ich dies gern in Angriff nehmen kann. Zuvor sollte ich mir überlegen, woran ich festhalte und wofür eine Feder auch stehen kann. Dem Vogel ist das wohl vor mir gelungen. Er braucht diese Feder zum Fliegen nicht.

In diesem Moment habe ich das erste Mal aktiv erlebt, was das Wort LOSLASSEN für mich bedeutet. Natürlich wusste ich, dass eine Trennung auch loslassen bedeutet oder wie es sich anfühlt, wenn etwas unwiederbringlich verloren geht. Für mich ist LOSLASSEN seit diesem Erlebnis einfach greifbarer geworden.

Anschließend war ich endlich bereit, mich beruflich neu zu orientieren.

 

Ich habe im Jahr 2017 häufig an diese Geschichte denken müssen.

Die Macht der Gedanken ist phänomenal, und sie funktioniert in jede Richtung, ob positiv oder negativ. Deshalb ist es so sinnvoll und hilfreich, achtsam mit seinen Gedanken zu sein.

Manchmal braucht es jemanden, der einem hilft, seine Gedanken zu ordnen und zu erkennen, dass man sich damit selber nutzen, aber auch schaden kann.

Aus meiner Sicht können uns dabei auch Pferde erstaunlich gut helfen. Sie konfrontieren uns mit unseren unbewussten Emotionen und helfen uns, diese zu erkennen. Im Alltag wird unser Handeln oftmals durch Automatismen und Schubladendenken geprägt. Anders als im Umgang mit unseren Mitmenschen erhalten wir von den Pferden ein unverstelltes Feedback. Sie fordern von uns Präsenz und Aufmerksamkeit. Dadurch ergibt sich für uns die Chance, eigene Verletzlichkeiten und Fähigkeiten wahrzunehmen, uns selbst besser zu verstehen und erfolgreicher mit unseren Stärken und Schwächen umzugehen.

Gerade bei der Arbeit mit schwierigen Pferden erlebe ich, dass wir uns gemeinsam weiterentwickeln und wachsen können. Sie lehren uns darüber hinaus, wie wertvoll es sein kann, respektvoll miteinander umzugehen.


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